Paar, das sich den Rücken zukehrt. Er hat Angst sich einzulassen

Bindungsangst: Die Angst sich einzulassen

Wenn es dir schwerfällt, dich auf eine Partnerin oder einen Partner einlassen zu können und du dich in Beziehungen unwohl fühlst, kann das ein Thema von Bindungsangst sein.

Kann eine Beziehung trotz Bindungsangst gelingen?

Immer wieder kommen Menschen zu mir, die Angst haben, sich auf andere Menschen einzulassen. Sie fühlen sich unwohl im Kontakt mit anderen, wünschen sich aber dennoch eine Partnerschaft.

Hat eine Beziehung überhaupt eine Chance zu gelingen, wenn Betroffene Angst haben sich auf einen anderen Menschen einzulassen?

Das klingt erstmal sehr schwierig… Wie es aber doch gelingen kann, das erfährst du in diesem Beitrag.

Bindungsangst: Ein Beispiel aus der Praxis

Janis (Namen geändert!) war zu mir gekommen, weil er sich so sehr eine liebevolle Beziehung wünschte. Jedes Mal, wenn er bisher eine Frau kennengelernt hatte, fühlte er sich sehr schnell unwohl in der Beziehung und begann schon nach kurzer Zeit, sich wieder zurückzuziehen. Er verstand sich selbst nicht, denn alle waren tolle Frauen gewesen. Irgendwann hatte er aber dann für sich beschlossen: Ich bleibe lieber alleine, als jedes Mal wieder aufs Neue die Frauen und auch mich selbst zu enttäuschen.

Jetzt aber war Jessica (Namen geändert!) in sein Leben getreten… durch sie hat er seine Meinung geändert. Sie war es auch, die ihm vorgeschlagen hatte, ob er sich nicht doch mal Hilfe nehmen möchte.

Ein guter Vorschlag… denn mit ein bisschen Unterstützung war es ihm schließlich gelungen, seine Ängste zu überwinden und sich auf Jessica einzulassen. Sie sind jetzt ein glückliches Paar.

Was löst Bindungsangst aus?

doch zunächst von vorn: Woher kamen diese Ängste bei Janis, die immer verhindert hatten, dass er sich auf eine Partnerin einlassen konnte?

Zu Beginn des Coachings bat ich ihn, mir möglichst konkret typische Situationen zu schildern, die dazu führten, dass er sich aus dem Kontakt zu den Frauen zurückgezogen hatte.

Es fiel ihm anfangs schwer, solche Situationen zu beschreiben. Woran er sich erinnern konnte, war, dass er sich sehr schnell unwohl fühlte und unruhig wurde, wenn der Kontakt zu einer Frau enger wurde. Er hatte dann immer das Gefühl etwas unternehmen zu müssen, ja manchmal sogar wegzulaufen. Wenn die Frau sich dann noch Kuschelzeit wünschte, oder einen gemeinsamen Filmabend wurde es ganz schlimm.

Er versuchte dann, solche Situationen erst gar nicht entstehen zu lassen. Kam immer öfter mit Ausreden, wie beispielsweise, dass er einem Kumpel helfen müsste oder sein Chef ihn gebeten hätte länger zu arbeiten…

Wenn er dann allerdings abends wieder allein war, wünschte er sich dennoch, dass die Frau jetzt an seiner Seite wäre. Das verwirrte ihn. Hinzu kam, dass sich dann natürlich auch seine Partnerinnen immer öfter beschwerten. Sie machten ihm Vorwürfe, dass er nie Zeit für sie hätte, und stellten seine Zuneigung in Frage. Sie beklagten sich, dass sie sich von ihm vernachlässigt fühlten. So war es bisher immer abgelaufen. Das End vom Lied war dann, dass die Frauen früher oder später mit ihm Schluss machten. Und genau das wollte er jetzt bei Jessica verhindern.

Bindungsangst: Wenn das Nervensystem Beziehung als gefährlich einstuft

Unsere ersten Beziehungserfahrungen erleben wir bereits als Kinder mit unseren nächsten Bezugspersonen. Bei den meisten sind das Mama und/oder Papa. Diese ersten Beziehungs-Erfahrungen, die wir als Kind mit Mama und Papa erleben, prägen unsere erwachsenen Paar-Beziehungen meist völlig unbewusst.

Wenn ein Kind schon früh erlebt hat, dass die Mutter aus dem Kontakt geht, wenn es etwas für sich selbst macht, wenn es sich beispielsweise für sich allein spielt, sich autonom und selbstbestimmt verhält, wird das Kind dieses eigene innere Bestreben als „gefährlich“ einstufen. Das Nervensystem des Kindes lernt dadurch, dass Selbstbestimmung und Autonomie in Beziehungen gefährlich sind und reagiert entsprechend, um das Überleben zu sichern. Es geht in Abwehr, bereit zum Kampf oder zur Flucht und wenn beides nicht mehr möglich ist, folgt eine Art „Totstellreflex“ oder Erstarrung. 

Dieses, in der Kindheit gelernte Muster führt dann auch im Erwachsenenalter häufig dazu, dass das Nervensystem weiterhin signalisiert, dass eine enge Beziehung gefährlich ist.

Wenn das Kind emotional übefordert wird

Janis sagt von sich selbst, dass er eine schöne und wohlbehütete Kindheit gehabt hatte und in einer ganz normalen Familie groß geworden ist. Bei näherer Betrachtung stellten wir dann fest, dass sein Papa oft weg war. Das hatte seine Mutter überfordert. Der Vater war physisch und emotional nicht da, dafür war Janis Ansprechpartner für seine Mutter. Sie „missbrauchte“ Janis als Partnerersatz und erzählte ihm all ihre Sorgen und Nöte und das am liebsten, während sie Janis im Arm hielt. Einerseits empfand er das als schön, andererseits war es eine Überforderung für den keinen Janis.

Hier an dieser Stelle möchte ich unbedingt darauf hinweisen, dass Janis‘ Mutter das keinesfalls mit Vorsatz oder Absicht gemacht hatte. Ganz im Gegenteil, sie hat aus bestem Wissen und Gewissen heraus so gehandelt. Sie wollte nur das Beste für ihren Sohn – aus ihrer Perspektive. 

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In Janis Fall war es so, dass er sich schon als Kind für seine Mutter verantwortlich gefühlt hatte. Er wollte, dass es der Mama gut ging, wollte sie aufmuntern, wenn sie traurig war und ihr helfen, wenn sie die Woche über alles allein machen musste. Ihr hatte es gutgetan, wenn Janis bei ihr war. Das sagte und zeigte sie ihm auch immer wieder. Wenn er dann aber etwas für sich machen wollte oder mit Freunden spielen wollte, spürte er oft, dass das die Mama traurig machte. Sie hat dann oft auch nichts mehr mit ihm gesprochen. Und das meist so lange, bis er wieder auf sie zuging und sie in den Arm nahm. 

So lernte er: Der Mama geht es besser, wenn ich bei ihr bleibe. Und um das tun zu können, musste er aber seine eigenen inneren Bestrebungen nach Selbstbestimmung und Autonomie unterdrücken. So entwickelte sich bei ihm ein unbewusstes und ungünstiges Beziehungsmuster mit dem Glaubenssatz: „In einer Beziehung, darf ich nicht ich selbst sein. Um geliebt zu werden, muss ich mich selbst aufgeben.“

Bindungsangst überwinden

Nachdem wir das herausgearbeitet hatten, musste Janis fast lachen und sagte: „So konnte es mit einer Paarbeziehung ja nicht funktionieren“.

Richtig: Denn in jeder neuen Beziehung, die etwas fester wurde, schlug sein Nervensystem Alarm und sagte GEFAHR. Du musst dich schützen, sonst musst du dich aufgeben.

Und das war dann der nächste Schritt, an dem wir gearbeitet haben: Er hat gelernt, wie er diesen sogenannten „Fehlalarm“ seines Nervensystems wahrnehmen kann und wie er gut für sich selbst sorgt, damit er nicht wieder mit seinem bisherigen automatischen Schutzmechanismus „Rückzug“ reagieren muss.

Wenn dir eine solche oder ähnliche Situation bekannt vorkommt und du gerne daran arbeiten möchtest, melde dich bei uns – wir sind gerne für dich da.

Alles Liebe
Deine Sylvia

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1 Kommentar zu „Bindungsangst: Die Angst sich einzulassen“

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